Gesundheit
Die Gesundheit des Menschen
ein Blick auf Bedeutung und Möglichkeiten die dem Begriff zugrunde liegen
Das Wort Gesundheit gehört sicherlich nicht erst in den letzten zwei Jahren zu einem der meist genutzten Begriffe im deutschen Sprachgebrauch. Wir sorgen uns um unsere eigene Gesundheit und derer uns nahestehender Menschen. Das Gesundheitssystem ist überlastet, krank zu werden, die Gesundheit zu verlieren und in ein Krankenhaus zu müssen, löst berechtigte Sorgen aus. Auch die Gesundheit unseres Planeten ist nicht nur gefährdet, die Erde ist bereits schwer krank.
Gesundheit ist das höchste Gut und ohne Gesundheit ist alles nix, sagt man.
Und obwohl Gesundheit uns so wichtig ist und selbstverständlich einen erheblichen wirtschaftlichen Faktor darstellt, hat man doch den Eindruck die Menschen und die gesellschaftlichen Verhältnisse werden immer kränker. Sicher, wir werden immer Älter, aber gesünder sind wir dabei nicht unbedingt.
Scheinbar wissen wir nicht recht, was Gesundheit wirklich ist und was nachhaltig gesundheitsförderlich wirken kann.
Wortherkunft & Definition
Etymologisch kommt das Wort von althochdeutsch gisunt „wohlbehalten, lebendig, heil.“ Dieses stammt wiederum vom germanischen sunto ab, was „rege, rüstig, gesund“ bedeutet.
Interessanterweise existiert eine Verwandtschaft mit dem Wort suento, dessen Bedeutung „geschwind“ ist. (1.)
In der Literatur finden sich teilweise recht grosse Unterschiede in der Definition und Beschreibung.
Die WHO definiert in der Präambel von 1948:
„Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Das Erreichen des höchstmöglichen Gesundheitsniveaus ist eines der Grundrechte jedes Menschen, ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit [original: „race“], der Religion, der politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung.“ (2.)
Ganz klar wird Gesundheit hier als ein Grundrecht jedes einzelnen Menschen veranschlagt und quasi verbrieft, d.h. schriftlich zugesichert.
Allerdings dürfte nach dieser Definition kaum ein Mensch sich als gesund bezeichnen.
Das vollständige Wohlbefinden in Köper, Geist und in den sozialen Verhältnissen erreicht zu haben; wer kann dies von sich sagen?
Reinhard Lay,Pflegewissenschaftler und Autor des Buches „Ethik in der Pflege,“ prägte folgende Definition:
„Gesundheit bedeutet eine zufrieden stellende Entfaltung von Selbstständigkeit und Wohlbefinden in den Aktivitäten des Lebens.“ (3.)
Betont werden Wohlbefinden, Unabhängigkeit und die Aktivität des Lebens. Ebenfalls kommt zum Ausdruck, dass Gesundheit subjektiv empfunden werden kann.
Gesundheit muss demnach nicht vollständig in allen Bereichen des Lebens erreicht sein, um ein zufrieden stellendes persönliches Wohlbefinden zu empfinden. Auch die Individualität wird damit angesprochen. Gesundheit ist unter Umständen nicht für alle Menschen gleich.
Anders ist das Verständnis des Soziologen Talcott Parsons.
Eine häufig zitierte Definition von Parsons lautet: „Gesundheit ist ein Zustand optimaler Leistungsfähigkeit eines Individuums, für die wirksame Erfüllung der Rollen und Aufgaben für die es sozialisiert worden ist.“ (4.)
Dies liest sich als wäre der Einzelne lediglich dazu da, eben die Rolle zu erfüllen, zu der er geprägt wurde. Auch spricht er, ähnlich wie die WHO, von einer optimalen Leistungsfähigkeit, die schwer zu erfüllen sein dürfte. Anders wie die WHO definiert er Gesundheit aber nicht als Grundrecht eines jeden einzelnen Individuums, sondern vielmehr als Verpflichtung des Einzelnen der Gesellschaft gegenüber.
Interessant ist es aber doch, Gesundheit dahingehend zu sehen, dass sie nicht nur eine persönliche und individuelle Angelegenheit ist.
Die Gesundheit und das Wohlbefinden des Einzelnen hängt mit seiner Umgebung, mit Außeneinflüssen und auch mit seinen Mitmenschen zusammen.
Auch ist Gesundheit kein statischer Zustand. Einmal erworben bleibt sie nicht automatisch gesichert, morgen kann das schon ganz anders aussehen.
Allgemein wird Gesundheit mit körperlicher Fitness, physischer Stabililität und mentaler Leistungsfähigkeit verbunden.
Dass ausreichend Bewegung, abwechslungsvolle, nährstoffreiche Ernährung, aber auch Kunst und Kulturangebote zur Gesunderhaltung beitragen, wissen die Meisten.
Sind gesunde Ernährung, Sport, soziale Kontakte und kulturelle, kreative Möglichkeiten aber schon ausreichend um den Gesundheitsbegriff im ganzen Umfang zu erfassen?
Heinz Grill, der als spiritueller Lehrer, Heilpraktiker und Autor sich umfassend mit der Thematik auseinandergesetzt hat, beschreibt Gesundheit „als ein natürliches Ergebnis vorausgegangener entwicklungsförderlicher und aufbauender Prozesse“. (5.)
Gesundheit ist demnach ein Ergebnis und diesem geht etwas voraus.
Heinz Grill spricht von entwicklungsförderlichen, aufbauenden Prozessen die stattfinden müssen, damit Gesundheit natürlicherweise entstehen kann.
Man kann ja Gesundheit auch nicht einfach machen. Sei mal gesund, das funktioniert nicht. Es gibt Bedingungen, Umstände die der Gesundheit vorrausgehen.
Gesunde Ernährung, Bewegung, Kreativität und ein gutes soziales Miteinader sind natürliche Bedingungen für Gesundheit. Der Mensch wäre arm dran und sicherlich sehr schnell krank ohne soziale Kontakte. Der Körper braucht gesunde Nahrung und herausfordernde Bewegungen, die Sinne brauchen Anregung und Abwechslung.
Um gesund zu bleiben muss der Mensch immer wieder Neues lernen, Unbekanntes kennen lernen. Der Mensch muss sich stetig entwickeln um gesund zu sein. Veränderung, Bewegung, Entwicklung und Gesundheit gehören zusammen.
Würde der Mensch an einem Punkt seiner Entwicklung stehen bleiben, sagen wir mit 18 Jahren und sich nicht mehr weiterentwickeln, sich nicht mehr verändern, könnte man kaum von einem gesunden Menschen sprechen. Es würde etwas fehlen. Entwicklung ist nie abgeschlossen, dann wäre es keine Entwicklung mehr.
Die Frage, was fördert die Entwicklung und Gesundheit auf natürliche Weise, aber auch in einem weiter gedachten, umfassenden und die Gesamtheit des Menschen einbezogenem Sinne, ist nicht nur für Therapeuten, Pflegende und Ärzte von höchstem Interesse. Sie kann von jedem einzelenen Menschen ergriffen werden, ist dies doch ein Thema das uns alle betrifft.
Wie fördert man eine wünschenswerte Entwicklung und aufbauenden Prozesse?
Entwicklung geht von einem aktuellem Zustand aus und führt in einen neuen Zustand hinein. Bestenfalls ist der neue Zustand besser wie der alte. Dann kann man von einer progressiven, aufbauenden Entwicklung sprechen.
Jedoch bleibt der Mensch gerne in seiner Behäbigkeit und in seinen Gewohnheiten stecken. Auch wenn er ahnt, dass ihm dies nicht gut tut.
Sicherlich sollte kein Mensch einem anderen die eigene Vorstellung was gut wäre aufzwingen. Nicht nur Gesundheit ist, wie bereits von Reinhard Lay betont, etwas Individuelles auch die gesunde Entwicklung eines Jeden ist individuell und nicht für alle Menschen gleich zu definieren. Auch ist die Ursache warum jemand krank wird, in der Regel sehr komplex und keinesfalls darf man da zu einem vorschnellen oder gar bewertenden Urteil kommen.
Betrachtet man einen Menschen oder eine Situation mit der Frage, was in dem individuellen Fall einer wünschenswerten Entwicklung entsprechen würde, müssen eigene Vorstellungen und Wünsche zunächst einmal strengstens zurückgenommen werden.
Eine unvoreingenommene, offene und emphatische Haltung dem Anderen gegenüber ist hier unerlässlich.
Der Andere oder eine Situation können aber mit einer konkreten und geeigneten Fragestellung genauer angeschaut werden.
Man betrachtet einen anderen Menschen mal rein vom Äußerlichen mit gewissen Kriterien.
Wie ist die Körperhaltung? Ist der Rücken aufgerichtet mit gelösten Schultern und entspanntem Nackenbereich oder ist der Rücken krumm, die Schultern angespannt und wie mit einer schweren Last beladen?
Wie wirkt das Gesicht? Ist die Stirn offen und gelöst, oder umwölkt, Sorgenvoll, verschlossen, grüblerisch?
Wie ist das Gangbild? Läuft der Mensch leicht beschwingt, dynamisch mit federnden Schritten? Oder wirken die Schritte schwer, schleppend, unsicher, schlurfend, usw.
In dem man Körperhaltung, Gesichtsausdruck und die Art wie ein Mensch geht aufmerksam betrachtet bekommt man einen ersten Eindruck der Wertfrei ist, aber nach objektiven Kriterien eine erste Einordnung erlaubt.
Nun kann man sich die Frage stellen, wie würde denn dieser Mensch aussehen wenn Bspw. sein etwas schlurfendes Gangbild beschwingter wäre und der angespannte Gesichtsausdruck einen offenen freundlichen Ausdruck gewinnen würde.
Mit dieser Vorstellung denkt man einige Tage wiederholt an den Menschen und stellt ihn sich immer wieder mit den genannten Möglichkeiten vor.
Der sich so in einer Vorstellung Übende, baut jedes Mal neu das vorgenommene Bild des Anderen gedanklich auf und tritt so in eine intensive und doch frei lassende Beziehungsaufnahme zu einem anderen Menschen und einem möglichen Ideal ein.
Nun kann man selbstverständlich für einen kranken Menschen nicht einfach dessen Gesundheit denken.
Aber die Übung schult, wie man mit einigen einfachen, konkreten Kriterien einen Menschen in seiner momentanen Situation wahrnehmen und für ihn eine wünschenswerte Entwicklung denken kann. Einen anderen Menschen frei und unvoreingenommen wahrzunehmen und gleichzeitig ein wünschenswertes Ideal für ihn zu denken, kann erstaunliche Kräfte freisetzten.
Für die Zukunft wäre es erstrebenswert entwicklungsfreudige, lebensfördernde und gesundheitsaufbauende Prinzipen zu etablieren.
Dazu ist eine umfassende, ausdauernde Auseinandersetzung und ein neues, erweitertes Verständnis zum Gesundheitsbegriff notwendig und auch zu den Fragen wie Entwicklung im positiven Sinne unterstützt werden kann.
Der Mensch und seine Gesundheit sind nicht dem Schicksal und dem Zufall überlassen.
Die Annahme, dass jeder Mensch eine Situation und Gegebenheit entwicklungsförderlich und damit gesundheitserbauend beeinflussen kann, trägt eine große Hoffnung für die Zukunft in sich.
Quellenangaben:
1.) (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit)
2.)(Quelle www.https://leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches-verzeichnis/gesundheit/)
3.) (Quelle: Reinhard Lay: "Ethik in der Pflege. Das Lehrbuch für alle Bereiche in der Pflege, Schlütersche Fachmedien, Hannover 2022“)
4.) (Quelle: www.pflege-und-medizin.de)
5.)(Quelle: Vortrag von Heinz Grill in Lundo, Italien, Oktober 2022)