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        Philosophie

Über den Begriff des Wesens
wie er sich in der abendländischen Philosophie entwickelt hat

 

Fragen wir heute nach dem Wesentlichen, meinen wir das Wichtigste, die Essenz. Das Wesen einer Sache, beschreibt den Charakter, meint den Kern einer Sache. Etwas ist wesentlich, d.h. es ist wichtig.

Oder wir sprechen vom Lebewesen und meinen damit die physische, aber belebte Gestalt. Nach Definition, ist demnach das was einen Stoffwechsel hat und sich Fortpflanzt, ein Lebewesen.

 

Wortherkunft & die alten Griechen 

Das Wort Wesen leitet sich ab vom althochdeutschen „wesan“, was Sein bedeutet. Die altgriechische Übersetzung von Wesen ist „ousia“ was wiederum von Sein, bzw. „on“ seiend kommt. Die lateinische Übersetzung von Wesen lautet „essentia“, also die Essenz.

 

In der antiken griechischen Ontologie (der Lehre vom Sein, oder der Lehre vom Seienden) ist„ousia“ ein zentraler Begriff.

Platon beschrieb das Wesen bzw. „ousia“ als das Unwandelbarere, das Unauflösliche, die ewige Idee. Und somit dem Werdenden entgegengesetzt. 

Das Wesen ist das wirklich Seiende, das was wirklich ist, also wesentlich. 

Es ist das Unsinnliche, d.h. nicht mit den Sinnen, sondern nur über das Denken erfassbare. 

Platon verwendete statt des Begriffes „ousia“ auch „eidos“, dies wird übersetzt mit Aussehen, Gestalt, „in’s Auge fallen“. 

Die lateinische Entsprechung ist „idea“, - Idee, Ideal oder Urbild. 

 

Es wird deutlich, dass für Platon das Wesen dem geistigen Reich angehörte.

Das Denken Platons, in den Anfängen der Philosophie Geschichte, ist sehr stark nach dem Geistigen und nach dem Göttlichen ausgerichtet.

 

Platon bringt in seinem philosophischen Denken, die Idee der Urbilder hervor. Auch als die platonische Ideenlehre bezeichnet. 

 

Das eigentlich Seiende sind nicht die Dinge, sondern die Urbilder. Die Dinge vergehen, es gehört zu den Dingen, dass sie vergänglich sind, dass sie entstehen, sich wandeln und vergehen. Aber die Urbilder, die Ideen, das Urwirkliche bleibt.  Die Idee der  Gerechtigkeit bleibt immer was sie ist, ebenso die Idee des Baumes etc. (aus ‚die Philosophische Hintertreppe‘ Wilhelm Weischedel)

Das Urbild, wie Platon es beschreibt, ist also das Wesen, das Seiende, das Wirkliche, der Ursprung, das geistige Bild, oder der Gedanke, das Ideal.  

 

So fragte auch Aristoteles, Schüler von Platon, nach dem Wesen des Menschen, somit nach dem Ideal des Menschen. 

Er betrachtete den Unterschied zwischen Mensch und Tier und kam zu der Erkenntnis: Was den Menschen vom Tier unterscheidet, sind Geist und Vernunft, der Logos.

So liegt den der Sinn des menschlichen Daseins, das der Mensch das ihm eigentümlichen Vermögen der Vernunft ausbilde, dass er in Wahrheit werde, was er ist: das vernünftige Lebewesen. (Aristoteles; de anima)

Was nun ist der Logos, die Vernunft? Der Logos ist für den Griechen der antiken Zeit, die Fähigkeit, die Dinge zu erkennen und zur Erscheinung zu bringen, die Welt aufzuschließen

Wenn nun also Aristoteles sagt, der Mensch ist das Wesen das den Logos, die Vernunft besitzt,  so ist der Mensch das Wesen, das die Fähigkeit hat, die Welt zu erkennen. (aus ‚die Philosophische Hintertreppe‘ Wilhelm Weischedel)

 

Mit Erkennen ist bei Aristoteles nicht das bloße Wahrnehmen gemeint. 

Denken und Wahrnehmen müssen sich unterscheiden, weil ein nicht-vernunftbegabtes Wesen, zwar wahrnehmen, aber nicht denken kann. (Aristoteles; de anima)

Das Wesen des Menschen und damit das Urbild des Menschen wäre somit, denkend die Welt und deren Erscheinungen zu erkennen, zu erfassen. 

 

Insbesondere bei Platon, aber wohl auch noch bei Aristoteles wird deutlich; das Wesen ist eine reale, genauer gesagt,

die reale Existenz, die über, oder hinter allem anderen steht; alles andere bedingt. 

So bedeutet auch der Begriff Metaphysik, der von Aristoteles erstmals geprägt wurde, hinter der Physik stehend - hinter den Dingen stehend. Ein metaphysisches Wesen steht somit hinter der sinnlich wahrnehmbaren Welt. 

 

Die Philosophen

Der deutsche Philosoph Hegel hat die „Lehre vom Wesen“ entwickelt. Ihr geht die „Lehre vom Sein“ und die „Lehre vom Begriff“ voraus. 

In seinen Erläuterungen beschreibt er, dass das traditionelle Verständnis des Wesens, etwa als zugrundeliegende „ousia“ oder Essenz der Dinge, die sich in der Erscheinung offenbart, ein unangemessenes Verständnis ist, das heißt nicht den Begriff des Wesens und damit der Erscheinung selbst trifft.

Hegel unterscheidet also den ursprünglichen Wesensbegriff, als das Seiende und Urbildliche, vom Begriff des Wesens als eine Erscheinung. 

 

Die Erscheinung ist als zum Wesen zugehörig zu denken und das Wesen die Fortbestimmung des Seins (Hegel: „Die Lehre vom Wesen“)

Zu Beginn des zweiten Abschnitts der Wesenslogik „Die Erscheinung“ bringt Hegel dies durch den Satz zum Ausdruck: Das Wesen muss erscheinen.

Das „Wesen kommt aus dem Sein her; es ist insofern nicht unmittelbar an und für sich, sondern ein Resultat jener Bewegung. Hegel umschreibt den Begriff des Wesens, durch den der Erinnerung, den er im wörtlichen Sinne versteht als Innerlichwerden und Insichgehen.

Er bezeichnet eine Sphäre, die tiefer liegt als die äußerliche Unmittelbarkeit des Seins, dessen Oberfläche erst durchstoßen werden muss, um zum Wesen zu gelangen.

 

Der deutsche Philosoph und Kommunist Karl Marx beschäftigt sich in seinen jungen Jahren ausführlich mit Hegel. 

Später distanziert er sich allerdings stark von Hegels philosophischem Menschenbild. 

Hegels Wesenslogik lehnt Marx als theologische Behauptung ab. 

Nicht von einer göttlichen Wirklichkeit her darf die hiesige Wirklichkeit gedeutet werden, sondern der Ausgangspunkt allen Denkens müsse die hiesige Wirklichkeit sein.(aus ‚die philosophische Hintertreppe‘ Wilhelm Weischedel)

 

In den Mittelpunkt seines Denken setzt Marx den Menschen. 

So fragt auch er, nach dem Wesen des Menschen. Anders als Aristoteles, der darauf antwortet der Verstand und die Vernunft zeichnen das Wesen des Menschen aus, sieht Marx den Menschen vor allem im Kontext der Gesellschaft. 

Zum Wesen des Menschen gehöre, dass er in Gesellschaft lebe. Das Individuum, das gesellschaftliche Wesen, der Mensch und der Staat und die Sozietät, d.h. die sozialen Fragen sind nach Marx nicht zu trennen.

Nicht die menschliche Fähigkeit des Erkennens und des Verstandes stellt Marx in den Mittelpunkt, sondern den Menschen im miteinander Arbeiten, im konkreten Tun und Handeln. 

Die gesellschaftliche Natur des Menschen ist für Marx der Ausgangspunkt, um das Wesen des Menschen zu definieren. So sagt er: „Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.“

Die menschliche Gesellschaft bildet sich nicht durch ein gemeinsames Bewusstsein, sondern durch gemeinsame Arbeit. 

„Die freie bewusste Tätigkeit als wahres Wesen des Menschen“ sieht Marx im Kontext seiner Zeit gefährdet. 

In Zeiten der Industrialisierung entfremdet sich der arbeitende Mensch von seinem geschaffen Werk. „Der Gegenstand, den die Arbeit produziert, ihr Produkt, tritt ihr als ein fremdes Wesen, als eine von dem Produzenten unabhängige Macht gegenüber“ 

Nicht der Tätigkeitsdrang als dem Menschen innewohnendes Bestreben, sondern die Notwendigkeit einer Arbeit für Lohn und damit eine Zwangsarbeit, tritt immer mehr zutage in einer wachsenden Zeit des Kapitalismus. Für Marx entfernt sich der Mensch dadurch immer mehr von seinem Wesenskern, der Proletarier ist der „völlige Verlust des Menschen“ sein Wesen ist „ein entmenschtes Wesen.“

 

Ist bei Marx noch immer der Mensch im Mittelpunkt, ist es heute die Wirtschaft. Die Entfremdung die Marx gesehen hat, ist heute Alltag. Wir leben aktuell in einer Zeit, in der der Kapitalismus und Materialismus als einzige wahre Realität betrachtet wird und im allgemeinen Bewusstsein des Menschen die geistige Ebene völlig ausgeschlossen und nicht Existent ist. 

Der Mensch ist nach heutigem allgemein gesellschaftlichen Verständnis kein geistiges Wesen, ja die geistige Ebene an sich besitzt keine Relevanz für das tägliche Leben im Denken und Handeln.

 

Rudolf Steiner & Heinz Grill

Hier taucht nun eine Philosophie und Weltanschauung auf die eine andere und vielleicht ganz neue Sichtweise, insbesondere auf die Rolle des Menschen im Weltgefüge, beschreibt.

 

Dass das „An sich“ der Dinge, ihr Wesen, durch das Denken im menschlichen Bewusstsein ergriffen waren kann, ist das Fundament der von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophischen Geisteswissenschaft (entnommen aus Anthrowiki)

 

Rudolf Steiner beschreibt verschiedene Ebenen der metaphysischen Wesen. 

Er spricht von Natur nahen Elementarwesen und von den verschiedenen Hierarchie der Geistwesen.

„Die wirklichen Realitäten der Welt sind Wesen in den verschiedenen Bewusstseinszuständen.“ (GA 148, S. 305f)

Im Gegensatz zu Platon, der das Wesen als das Unwandelbare und Seiende betont, spricht Rudolf Steiner von Wesenheiten, die sich entwickeln und damit  verändern wollen. „alle Wesen steigen auf von Wesen die empfangen, zu Wesen die produzieren und schaffen. Schöpfer werden ist das Ziel der Wesen“ (GA 98, S. 194)

 

Man muss unterscheiden zwischen dem Wesen im Sinne Platons, dass das Ideal, die Idee, das Ursprüngliche und Unwandelbarer darstellt und den sogenannten Wesenheiten. 

 

Die Elementarwesen oder Elementargeister benennt Steiner als Salamander, Sylphen,Undinen und Gnome.

Sie entsprechen den Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde. 

Diese Elementarwesen wurden von den Menschen in einer früheren Zeit wohl noch als real und existent wahrgenommen. Sie finden sich in den Beschreibungen der Märchen als Zwerge, Feen, Elfen oder Quellgeister wieder.

Diese Elementarwesen sind eng mit der Natur und den Pflanzen verbunden. 

Sie sind die Lebenskräfte, oder Ätherkräfte die das Wachstum der Pflanze hervorbringen. Lebensäther, chemische Äther, Lichtäther und Feueräther tragen das im Urbild enthaltene Wesen der Pflanze in die physische Erscheinung hinein. 

Die Elementarwesen stehen damit in einer Beziehung zum Wesen als Urbild, dem geistigen Ideal. 

 

Des weiteren beschreibt Rudolf Steiner die sogenannten Geistwesen, die Engelwesen.

In den indischen Schriften der Veden als Devas in der weiblichen Form Devi bezeichnet, die als gottähnliche Wesen betrachtet wurden. 

Das Wort „deva“ ist mit dem lateinischen „divinus“ verwand und bedeutet himmlisch, oder göttlich. Bekannte Vertreter sind Krishna, Rama, Ganesha, Lakshmi, Durga, Kali.

Man kann die Devas, wohl mit der römischen und der griechischen Mythologie in Verbindung bringen. Jupiter und Venus bei den Römern, Zeus und Aphrodite bei den Griechen. 

Laut Anthrowiki findet Venus/Aphrodite ihre Entsprechung in der indischen Mythologie bei Lakshmi der Göttin des Glückes und der Liebe. 

 

Die Wesen der Engel finden sowohl bei Rudolf Steiner, wie auch bei Heinz Grill eine ausführliche Beschreibung.

In aller Einfachheit sei hier nur gesagt, die Engel sind Wesen die dem Menschen zugewandt sind. Sie sind feinstofflichster Art und gehören der so genannten astralen (also kosmischen) Spähre an. 

 

Nun beschreiben sowohl Rudolf Steiner, als auch Heinz Grill den Menschen als geistiges Wesen. 

In keiner vorausgegangen Philosophie, findet sich so deutlich die Beschreibung einer Fähigkeit die nur dem Menschen eigen ist. 

Die Erschaffung von realen Wesenheiten mittels der Gedankenbildekraft und der Empfindungsbildung. 

Heinz Grill beschreibt in vielen Ausführungen, die Fähigkeit des Menschen zu einer kreativen, schöpferischen Gestaltungskraft des Denkens. 

In dem ein Mensch denkt, sich Vorstellungen bildet, Empfindungen oder auch Emotionen ausprägt, erschafft er metaphysische Wesenheiten. Es entstehen tatsächliche real existente Wesen.

 

Diese Fähigkeit ist dem Menschen eigen, d.h. jeder Mensch bringt diese Fähigkeit mit und entwickelt sie mehr oder weniger im Laufe seines Erdenlebens. 

Je bewusste, klarer, konkreter und gezielter diese Fähigkeit ausgebildet wird, desto klarer, geformter und schöner sind die Wesen die entstehen. 

 

Aber auch unbewusst und ohne sich dessen klar zu sein, erschafft der Mensch reale Wesenheiten. 

Man stelle sich nur einmal vor: Jemand betritt einen Raum in dem bereits eine  Gruppe Personen anwesend ist. Diese Personen befinden sich bspw in einem Konflikt miteinander. Die Person die dazu kommt, spürt die Stimmung die im Raum erzeugt wurde. Sie schreckt vielleicht beim Eintreten in den Raum unwillkürlich zurück und möchte gar nicht gerne dazu kommen. Sie erlebt die Stimmung im Raum vielleicht als beengend und abweisend. 

Diese Atmosphäre die entsteht, kann man als reale Wesenheiten bezeichnen, die von den anwesenden Personen erzeugt wurden.

Diese Wesenheiten sind natürlich nicht physischer, sonder feinstofflicher Natur. 

Sie stehen in einer engen Verbindung mit dem Gefühls;- und Empfindungsleben des Menschen. 

Im aller einfachsten Sinne können Wesen, die vom Menschen erzeugt werden, als eng, einschnürend, ergreifend, oder als lichtvoll, offen, weitend charakterisiert werden. 

 

Wenn man die Vorstellung als real annimmt, dass über das Bilden von Gedanken, Vorstellungen, Empfindungen oder Emotionen wirkliche Wesenheiten entstehen, deren Form, Gestalt und Wirkung von dem jeweils zugrund liegenden Gedanken, oder der zugrunde liegenden Empfindungen, Vorstellung, Emotion abhängig ist,  wird deutlich, dass die Bemühung, um klare, geformte und edle Gedanken und Empfindungen eine Sinnvolle und wichtige Fähigkeit und Tätigkeit ist. 

 

Von Walter Gropius, Leiter und Architekt der Bauhaus Schule findet sich die Aussage: 

Ein Ding ist bestimmt durch sein Wesen. Um es so zu gestalten, dass es richtig funktioniert – ein Gefäß, ein Stuhl, ein Haus –, muss sein Wesen zuerst erforscht werden; denn es soll seinem Zweck vollendet dienen, das heißt, seine Funktion praktisch erfüllen, haltbar, billig und ›schön‹ sein.

 

Das Wesen eines Stuhles könnte so charakterisiert werden, dass ein Stuhl etwas ist worauf man sitzen kann. Die Form und Gestaltung kann sehr verscheiden sein, wenn man aber nicht drauf sitzen kann, so ist es kein Stuhl. 

 

Die Idee des Stuhles ging vom Menschen aus, der Gedanke also etwas zu kreieren worauf man bequem und nicht auf dem Boden hockend Platz nehmen kann, führte zur Entwicklung von Stühlen. 

Eine Idee spiegelt sich in einer Gestaltung und materiellen Form.  In jeder materiellen Form eines Stuhles, ist sein Wesen und sein zugrunde liegender Gedanke enthalten. 

 

In einer Gestalt, sei sie nun physischer oder feinstofflicher Natur, ist der zugrundeliegende Gedanke, die ursprünglich Idee immer enthalten.

Im Wesen der Erscheinung offenbart sich das Wesen der Sache. 

 

Abschließende (vereinfachte) Aufgliederung des Begriffes Wesen

 

 - Das Wesen als Urbild im Sinne Plantons oder auch das Wesen aus Geisstoff, der ursprüngliche Gedanke, die Idee.

 - Wesenheiten als Entität im Weltenkosmos und Naturreich

 

 - Wesen in der astralen Spähre - aus Vorstellungen, Empfindungen, Gefühlen geschaffen.

 

 - Physische Formen, in denen das Wesen der Sache oder der zugrunde liegende Gedanke, die ursprüngliche Idee    enthalten sind und einen Ausdruck finden. 

 

 

 

Der Gedanke ist eine eigene, konkrete und klare wie auch reale Wesenheit. 

Er ist wie eine unmittelbare, ursprüngliche, aus dem Lichte der Schöpfung gewobene Wirklichkeit.

Der Gedanke ist ein Wesen aus Geiststoff.

 Heinz Grill

 

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